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Marken-Insights

Markentracking & Brand Tracking: Wie gesund ist unsere Marke?

Der berühmte Manager Peter Drucker hat es auf den Punkt gebracht: „Wir können nicht managen, was wir nicht messen.“ Das gilt auch für Marken! Aber wie können wir die Gesundheit und die Performance von Marken messen und nachverfolgen?
Markentracking & Brand Tracking: Wie gesund ist unsere Marke?

Auch im Marketing messen wir inzwischen alles: von Klickzahlen über Besucher und Downloads bis hin zu Umsätzen. Und das ist oft ein Gewinn, erlaubt es uns doch Investitionen und Maßnahmen in Relation zu setzen.

  • Aber wie messen wir die Stärke und die Entwicklung unserer Marke?
  • Wie können wir überprüfen, ob Markenmanagement erfolgreich ist?
  • Und an welchen Vorzeichen erkennen wir, dass die Kraft unserer Marke bedroht ist?

Antworten auf diese Fragen sind auch deshalb so wichtig, weil sie uns bei Geschäftsführung und Vorstand eine Argumentationsbasis dafür geben, dass die Arbeit an der Marke Früchte trägt. Denn wer für Marke Budgets bekommen möchte, muss ihre Effekte kennen und Entwicklungen belegen können.

In diesem Beitrag schauen wir uns daher das Thema Markentracking (Brand Tracking) genauer an. Dabei stützen wir uns auf fundierten Erkenntnisse von Byron Sharp, Jenni Romaniuk und dem Ehrenberg-Bass-Institut, und zeigen einen praxisorientierten und evidenzbasierten Ansatz für Markentracking.

Konzepte wie mentale Verfügbarkeit und Category Entry Points (CEPs) spielen dabei eine entscheidende Rolle (hier geht's zum Glossar für evidenzbasiertes Marketing). Sie sind nicht nur Schlüsselelemente für das Verständnis der Markenperformance, sondern bieten auch wertvolle Einsichten für die Gestaltung effektiver Markenstrategien.

Zitat von Mark Ritson zum Thema Markentracking bzw. Brand Tracking

Grundlagen des Markentrackings

Definition: Was ist Markentracking (Brand Tracking)

Markentracking (oder auch Brand Tracking) beschreibt die fortlaufende Messung der Effekte aller Maßnahmen, die zum Markenaufbau beitragen. Starke Marken treiben Geschäftserfolg (siehe auch: ROI von Branding). Der Aufbau von Markenstärke ist ein kontinuierlicher Prozess, in dem immer wieder neue Entscheidungen getroffen werden müssen. Das Markentracking hilft Marketing-Entscheider:innen zu verstehen, ob sie auf dem richtigen Weg sind und die Investitionen in Marke in den Köpfen der Menschen verfangen.

Markenwachstum als Fundament

Das Herzstück eines effektiven Markentrackings ist das Verständnis für Marke und Markenwachstum. Marken sind assoziative Netzwerke in den köpfen von Konsument:innen. Starke Marken sind mental verfügbar: sie kommen Käufer:innen also in Bedarfsmomenten in den Sinn. Beim Markentracking (Brand Tracking) müssen wir also mentale Verfügbarkeit in Bedarfsmomenten erfassen.

Markenwachstum entsteht, wenn neue Konsument:innen die Marke kaufen. In den Worten von Byron Sharp: Erfolg bedeutet, regelmäßig neue Käufer:innen hinzuzugewinnen. Entgegen einem weit verbreiteten Missverständnis ist es nicht die steigende Loyalität bestehender Kund:innen, die primär zum Wachstum beiträgt, sondern die Gewinnung von Neukund:innen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, im Rahmen des Markentrackings nicht nur existierende Käufer:innen zu verstehen, sondern besonders auch die 'Light'- und Nicht-Käufer in den Fokus zu nehmen, da sie die Hauptquelle für potentielles Wachstum darstellen.

Käuferprofile und ihre Relevanz

Eine weitere zentrale Erkenntnis für das Marken-Tracking ist, dass sich die Käuferprofile zwischen konkurrierenden Marken kaum unterscheiden. Dies mag für einige Produktmanager schwer zu akzeptieren sein, insbesondere wenn man glaubt, dass die eigene Marke eine spezielle Käuferschaft anspricht. Für ein realistisches Bild des Marktes und das Potenzial der Marke sollte daher die Stichprobe ein normales Käuferprofil der gesamten Kategorie widerspiegeln.

Die wahren Wettbewerber erkennen

Oft sind die Hauptkonkurrenten die größten Marken in der Kategorie. Deshalb ist es wichtig, dass das Marken-Tracking nicht nur auf die vermeintlichen Konkurrenten der eigenen Marke ausgerichtet ist, sondern alle relevanten Akteure im Markt einbezieht. Dies erlaubt ein umfassenderes und genaueres Bild der Wettbewerbslandschaft und unterstützt bei der Entwicklung von Strategien, um sich effektiv gegenüber den Hauptakteuren zu positionieren.

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„Was ist eine Marke?“ – Definition aus Perspektive der evidenzbasierten Markenführung

Schlüsselelemente des Markentracking (Brand Tracking)

Mentale Verfügbarkeit: Der Schlüssel zur Markenwahl

Mentale Verfügbarkeit bezieht sich darauf, wie präsent eine Marke im Gedächtnis der Konsumenten ist, insbesondere in den Momenten, die für den Kauf relevant sind. Dieses Konzept, intensiv erforscht vom Ehrenberg-Bass-Institut, betont, dass Marken, die in vielfältigen Kaufsituationen und -kontexten in den Köpfen der Verbraucher präsent sind, eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, gewählt zu werden. Die Herausforderung für Marken besteht darin, durch effektive Marketingmaßnahmen und konsistente Präsenz in verschiedenen Medien und Kontexten, die mentale Verfügbarkeit zu erhöhen.

Category Entry Points (CEPs): Die Bedeutung des Kontexts

Category Entry Points sind spezifische Situationen oder Anlässe, bei denen Konsumenten über den Kauf einer Produktkategorie nachdenken. Diese Kontexte sind entscheidend dafür, welche Marken in Betracht gezogen werden. Jenni Romaniuk betont in ihrem Buch „Better Brand Health“ die Wichtigkeit, die Marke in diesen spezifischen Kontexten zu verankern, damit sie in den Köpfen der Konsumenten auftaucht, wenn es darauf ankommt.

Zum Beispiel denkt ein Kunde möglicherweise an ganz unterschiedliche Biermarken, wenn er ein Bier für eine Grillparty im Vergleich zu einem entspannten Abend zu Hause auswählt. Verstehen und nutzen von CEPs in der Markenkommunikation ist somit ein mächtiges Werkzeug.

Messung von Markenattributen

Bei der Messung von Markenattributen empfiehlt Romaniuk, etwa zwei Drittel des Fokus auf Kontexte (CEPs) und ein Drittel auf Qualitäten und Merkmale der Marke zu legen. Dies spiegelt wider, wie Konsumenten Marken tatsächlich wahrnehmen: weniger durch abstrakte Attribute und mehr durch den Kontext, in dem sie an die Marke denken.

Markenbekanntheit richtig bewerten

Ein weit verbreitetes Maß für Markenstärke ist die ungestützte Markenerinnerung. Romaniuk argumentiert jedoch, dass dieser Ansatz oft irreführend sein kann, da er größere Marken bevorzugt und kleinere Marken benachteiligt. Sie plädiert für die Verwendung von gestützter Markenerinnerung, die näher an der Art und Weise liegt, wie unser Gedächtnis tatsächlich funktioniert. Markenbewusstsein sollte in verschiedenen Kontexten gemessen werden, anstatt sich nur auf einfache Kategoriehinweise zu verlassen.

Praktische Umsetzung des Marken-Trackings

Messung der Markenattribute

Die Art und Weise, wie Markenattribute gemessen werden, kann einen wesentlichen Unterschied in der Genauigkeit und Nützlichkeit der gewonnenen Daten machen. Romaniuk rät dazu, die Sammlung von Marken-Attribut-Assoziationen im Gedächtnis so unbeeinflusst wie möglich zu gestalten. Dazu gehört, vergleichende Formulierungen oder Superlative zu vermeiden, da unser Gedächtnis nicht in diesen Kategorien strukturiert ist. Stattdessen sollten Skalen verwendet werden, die es den Befragten ermöglichen, ihre Wahrnehmungen frei auszudrücken.

Steigerung der Mentalen Verfügbarkeit

Die Verbindung zwischen Kontexten und der Marke im Gedächtnis ist entscheidend für den kaufrelevanten Markenerinnerungsprozess. Romaniuks strategische Empfehlung lautet, mehr Kontexte mit mehr Käufern der Kategorie zu verknüpfen, um breitere und frischere Gedächtnisnetzwerke zu schaffen. Dies erhöht die Chancen der Marke, in Kaufsituationen gewählt zu werden.

Auswirkungen von Marketingaktivitäten

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Marken-Trackings ist die Bewertung, wie Marketingaktivitäten wahrgenommen werden. Romaniuk empfiehlt eine gestützte Bewertung von Kommunikationsmitteln, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, wie viele Befragte die Aktivität bemerkt und korrekt der Marke zugeordnet haben. Dies hilft zu beurteilen, ob die Aktivitäten eine ausreichende Reichweite erzielt haben, um die Tracking-Werte zu beeinflussen.

Brand Attitude: Einfach aber Aussagekräftig

Die Einstellung zur Marke, oft als 'Brand Love' bezeichnet, ist ein emotional aufgeladenes Konzept. Romaniuk argumentiert jedoch, dass diese Einstellung eher eine Folge der Nutzung ist und nicht unbedingt eine treibende Kraft dahinter. Sie plädiert für die Verwendung einer einzelnen, wohlüberlegten Frage zur Erfassung der Markeneinstellung, die sowohl aussagekräftig als auch praktikabel ist.

Kritische Betrachtung und Zukunftsperspektiven des Marken-Trackings

Die Problematik aufgeblasener Marken-Trackings

In der Marketinglandschaft sind viele Marken-Tracking-Methoden überladen mit Daten und Metriken, die mehr zur Verwirrung als zur Klärung beitragen. Dieser Datenüberfluss führt oft dazu, dass die wirklich wichtigen Erkenntnisse in einer Flut von Charts und Zahlen untergehen. Viele Tracking-Studien umfassen mehrere Hundert Seiten – in diesen die zentralen Erkenntnisse zu finden ist nicht einfach. Die Herausforderung liegt darin, die Methoden zu vereinfachen und sich auf jene Maßzahlen zu konzentrieren, die wirklich Aufschluss über die Gesundheit und das Potenzial einer Marke geben.

Social Media Monitoring vs. Traditionelles Tracking

Obwohl Social-Media-Monitoring als kostengünstige Alternative zum traditionellen Marken-Tracking angesehen wird, warnt Romaniuk davor, sich darauf zu verlassen. Die auf Social Media geäußerten Meinungen sind oft extrem - entweder zu positiv oder zu negativ - und repräsentieren nicht die tatsächliche Markenwahrnehmung der Mehrheit der Konsumenten. Darüber hinaus fehlt in diesen Kanälen oft die Perspektive der seltenen oder Nicht-Käufer, die für das Markenwachstum entscheidend sind.

Die Notwendigkeit effektiverer Tracking-Methoden

Abschließend muss betont werden, dass Markenverantwortliche effektivere Tracking-Methoden benötigen, die wirklich aussagekräftige Einblicke in die Markenperformance liefern. Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen, die relevanten Datenpunkte zu messen und die Ergebnisse in einer Art und Weise zu interpretieren, die konkrete und umsetzbare Strategien zur Markenführung ermöglicht.

Fazit: Auf dem Weg zu einem effektiveren Marken-Tracking

Zusammenfassung der Schlüsselerkenntnisse

Der Schlüssel zu einem erfolgreichen Markentracking liegt in einem tiefgreifenden Verständnis der Markendynamik und des Konsumentenverhaltens. Wir haben gelernt, dass es essentiell ist, den Fokus auf die Gewinnung neuer Kunden zu legen und die mentale Verfügbarkeit der Marke zu maximieren. Category Entry Points bieten einen wertvollen Rahmen, um zu verstehen, in welchen Kontexten Konsumenten an die Marke denken. Darüber hinaus haben wir die Wichtigkeit von gestützten Markenerinnerungsmaßnahmen und einer realistischen Einschätzung der Konkurrenzlandschaft erkannt.

Handlungsempfehlungen für Markenverantwortliche

  1. Konzentration auf das Wesentliche: Vermeiden Sie Datenüberflutung und konzentrieren Sie sich auf die Metriken, die wirklich zählen – mentale Verfügbarkeit, CEPs und realistische Käuferprofile.
  2. Anpassung der Messmethoden: Stellen Sie sicher, dass Ihre Tracking-Studien auf die spezifischen Bedürfnisse Ihrer Marke und Ihres Marktes zugeschnitten sind.
  3. Integration von Kontexten: Nutzen Sie CEPs (Category Entry Points), um Ihre Marke in den Köpfen der Konsumenten in verschiedenen Kaufsituationen zu verankern.
  4. Agilität und Flexibilität: Seien Sie bereit, Ihre Ansätze zu ändern und neue Methoden zu integrieren, um mit den sich schnell ändernden Marktbedingungen Schritt zu halten.
  5. Effektive Kommunikation: Entwickeln Sie Kommunikationsstrategien, die die Markenerinnerung stärken und die richtigen Botschaften in den Köpfen Ihrer Zielgruppe verankern.

Das effektive Tracking einer Marke ist mehr als nur das Sammeln von Daten; es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten in einer Art und Weise zu interpretieren, die zu strategischen und taktischen Entscheidungen führt. Es ist eine kontinuierliche Reise des Lernens, Anpassens und Optimierens. Mit den hier besprochenen evidenzbasierten Ansätzen sind Sie auf einem guten Weg, die Gesundheit und das Wachstum Ihrer Marke erfolgreich zu steuern und zu messen.

Weiterführende Links zum Thema:


Autor:in
Linus Luka Bahun
Linus Bahun arbeitet als Markenberater an der Schnittstelle von Strategie und Design. Er studierte Psychologie (M.Sc.) und ist Gründer des Studio Linus Luka Bahun und arbeitet mit seinem Partner Christian Morgen an Branding- und Design-Projekten. Er ist Senior-Berater beim multisense Institut für evidenzbasiertes Marketing und Mitglied der GEM – Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens.
Datum
19. März 2024
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